Medizin neu erfinden - Interview mit Dominik Burziwoda, CEO der Perfood GmbH
1. Herr Burziwoda, wie ist es zu der Idee für Perfood gekommen?
Der Kern der Idee hinter Perfood waren neue wissenschaftliche Erkenntnisse dazu, dass Menschen vollständig individuell auf Lebensmittel reagieren. Insbesondere bei der Betrachtung der Blutzuckerantwort nach einer Mahlzeit wird dies sehr deutlich. Zahlreiche Erkrankungen hängen mit dem Glukosestoffwechsel zusammen. Von ihnen sind ca. 3,2 Mrd. Menschen weltweit betroffen. Vor der Gründung von Perfood gab es keine konservativen medizinisch-fundierten Therapieoptionen, um diese Erkrankungen zu behandeln. Digitale Therapien bieten hier eine einzigartige Chance vielen Menschen zu helfen.
2. Sie bieten inzwischen verschiedene Produkte an. Wie hat alles angefangen?
Perfood entwickelt digitale Therapien sowie Gewichtsmanagementlösungen mit personalisierter Ernährung als „Wirkstoff“. Mit MillionFriends hatten wir zunächst ein Produkt zum Gewichtsmanagement herausgebracht. Wir haben unsere Technologie mehrere Jahre weiterentwickelt und dabei die Besonderheiten von Patienten mit verschiedenen Erkrankungen berücksichtigt. Daraus entstand sinCephalea, unser erstes Medizinprodukt für die Therapie von Migräne. Weitere Therapieprodukte befinden sich in der Entwicklung oder klinischen Validierung. Es lohnt sich daher einen unserer Newsletter zu abonnieren, unseren Social Media Kanälen zu folgen oder regelmäßig auf unseren Webseiten vorbeizuschauen.
3. Welche Schwierigkeiten sind Ihnen dabei begegnet bzw. welche Hürden mussten überwunden werden?
Zunächst sind dies natürliche technische Herausforderungen. Die Entwicklung der Software und die Mathematik hinter der Evaluation der Blutzuckerantworten ist sehr komplex und bedarf viel Entwicklung und Validierung. Wir sind sehr stolz darauf, dass unsere Produkte Menschen sehr effektiv helfen, und der Grund dafür liegt in unserer innovativen Technologie. Zudem gibt es natürlich Herausforderungen bei jeder Gründung, wie das Einwerben von Kapital, die extreme Bürokratie und Skepsis gegenüber Innovationen. Dies sind Dinge, die jeder Gründer, unabhängig von der Gründungsidee erlebt.
4. Was steckt hinter dem Produkt?
Das ist ein Betriebsgeheimnis ???? Im Ernst, wir nutzen Daten aus verschiedenen Quellen, aus unserer App, wie beispielsweise zu Ernährung, Medikation, Befinden, einer umfangreichen Anamnese sowie aus Wearables. Unsere digitalen Therapien werden klinisch in mehreren Studien evaluiert, bevor sie auf den Markt kommen. Die Ergebnisse dieser Studien publizieren wir in wissenschaftlichen Journalen.
5. Was können Verbraucher davon erwarten, wenn Sie die Perfood-Produkte benutzen? Was sind die Vorteile der von Ihnen verwendeten Technologie?
Unsere Produkte sind immer auf den spezifischen Zweck zugeschnitten. Für Nutzerinnen und Nutzer unserer Gewichtsmanagementlösungen (www.millionfriends.de) bedeutet dies, dass sie individuelle Ernährungsempfehlungen erhalten, die dabei helfen ihr Körpergewicht zu verbessern. Wir erweitern stetig unsere App um zusätzliche Coaching-Inhalte, damit diese individuellen Ernährungsempfehlungen sowie weitere Aspekte, die die Grundlage für einen gesunden Lebensstil legen spielend leicht in den Alltag unserer Nutzerinnen und Nutzer integriert werden können.
In unseren digitalen Therapieprodukten werden die Coaching-Elemente um erkrankungsspezifische Inhalte erweitert. Dadurch bieten wir Menschen, die beispielsweise unter Migräne leiden, eine effektive konservative Therapie, die keine unerwünschten Nebenwirkungen hat und trotzdem sehr effektiv sein kann.
6. Welche Ziele haben die Verbraucher, die die Produkte verwenden möchte?
Unseren Nutzerinnen und Nutzern von MillionFriends geht es in erster Linie darum ihr Körpergewicht zu verbessern. Viele nehmen jedoch auch deshalb teil, weil ihnen die personalisierte Ernährung dabei hilft, leistungsfähiger und fitter zu werden und ihr allgemeines Wohlbefinden verbessert. Die Nutzerinnen und Nutzer von sinCephalea, unserem Medizinprodukt für die Behandlung von Migräne, suchen in erster Linie, nach einer Alternative zu Arzneimitteln, die sie aufgrund der Chronizität der Erkrankung ansonsten dauerhaft einnehmen müssten und die zu erheblichen Nebenwirkungen führen können.
7. Ist erkennbar, dass sich diese Ziele/Anforderungen von Verbrauchern verändern? Kann man hier bestimmte Trends erkennen? Und wenn ja, wie agil kann Perfood auf diese Entwicklungen reagieren?
Im medizinischen Bereich werden Verbraucherinnen und Verbraucher immer anspruchsvoller. Die User Experience einer Behandlung kommt aus einer Welt, in der Patientinnen und Patienten keine Forderungen gestellt haben. Sie gehen zum Arzt, der diagnostiziert, verschreibt ein Arzneimittel. In der Apotheke kritzelt der Apotheker unleserlich die Einnahmeempfehlung, manchmal ein Widerspruch zu der der Ärztin, auf die Packung und sie wissen bereits zu Hause nicht mehr so richtig, was Sie tun sollen. Sie haben zahlreiche Fragen, wie „was darf ich essen? Darf ich Sport machen? Wenn ja, wie anstrengend darf es sein? Wann darf ich wieder arbeiten? Wann ist die Erkrankung wirklich weg?“ Sie wollen niemanden mit diesen Fragen nerven, suchen aber nach Antworten. Und zwar zurecht. Sie zahlen hohe Beiträge für Ihre Krankenkasse oder Ihre Krankenversicherungen. Digitale Therapieprodukte können eine Lücke schließen und zum Begleiter durch die Therapie werden. Patientinnen und Patienten erwarten eine User Experience, wie sie sie von exzellenten digitalen Produkten, wie Streamingdiensten, sozialen Netzwerken und Online Shops gewohnt sind. Bei Perfood stellen wir uns darauf ein, weshalb wir aufbauend auf unseren Innovativen und einzigartigen Basistechnologien Produktdesign, Content und User Experience in den Fokus stellen. Es geht darum Produkte zu entwickeln, die einerseits effektiv und medizinisch fundiert sind und andererseits den Nutzerinnen und Nutzern Spaß machen.
8. Wie sieht das Produktportfolio derzeit aus? Was hat sich seit dem Anfangsprodukt verändert?
Neben unserem Produkt für Gewichtsmanagement, MillionFriends, und unserem Therapieprodukt für Migräne, sinCephalea, wird in Kürze ein Produkt für die Therapie von Diabetes mellitus Typ 2 erhältlich sein. Zudem befinden sich aktuell weitere Produkte in der Entwicklung, darunter ein Produkt für die Behandlung von Polyzystischem Ovarsyndrom, einer Erkrankung von der sehr viele Frauen betroffen sind und die zu hohem Leidensdruck führen kann, und ein Produkt gegen Schuppenflechte in der Entwicklung. An zwei weiteren Indikationen forschen wir gemeinsam mit Konsortien, die aus führenden Universitäten und Forschungseinrichtungen bestehen. Darüber hinaus arbeiten wir gerade stark an der Internationalisierung unserer Produkte.
9. Wie wird es in Zukunft weitergehen? Wie wird sich in ihren Augen das Thema personalisierte Ernährung weiterentwickeln, und wie wird Perfood damit schritthalten?
„Personalisierte Ernährung“ ist ein komplexes Thema. Menschen personalisieren schon immer, denn jeder Mensch hat individuelle Vorlieben. Ernährung nach Halal oder Koscher, vegetarische oder vegane Ernährung ist personalisiert, allerdings nicht nach individuellen Gesundheitsaspekten, sondern nach Weltanschauung. Perfood personalisiert die Ernährung, um spezifische biochemische Prozesse zu modulieren. Aktuell ist das der Blutzucker. Wir werden zukünftig möglicherweise weitere Prozesse über personalisierte Ernährung modulieren. Möglicherweise kommen jedoch Empfehlungen zu Bewegung oder zum Stressmanagement, da sie ebenfalls zur vorteilhaften Modulierung biochemischer Prozesse geeignet sind, hinzu. „Personalisierte Ernährung“ ist ein Werkzeug, um Menschen gesünder zu machen und ihr Wohlbefinden zu steigern. Wir glauben es gibt viele Wege, Menschen zu einer besseren Gesundheit und einem gesteigerten Wohlbefinden zu helfen, allerdings ist Ernährung für uns der aussichtsreichste Hebel. Deshalb forschen wir weiter daran unseren Nutzerinnen und Nutzern die für sie individuell beste Ernährung bieten zu können.
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