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KI als Gamechanger für die Food-Branche

foodRegio:  Inwieweit ist Ihre berufliche Entwicklung mit der Entwicklung von KI verknüpft und hat letztlich zu Umyno geführt? 

Dr. Klein: Ich bin seit 2004 in der Chemie- und Lebensmittelbranche tätig und habe dort in verschiedenen Rollen gearbeitet. Dadurch kenne ich die Branche sehr gut und habe viele ihrer Herausforderungen aus erster Hand erlebt. Vor der Gründung von Umyno war ich bei meinen vorherigen Arbeitgebern bereits in mehreren Bereichen mit der Digitalisierung betraut. Doch irgendwann wurde der Wunsch nach der Selbstständigkeit immer stärker und ich wollte ein Grundproblem der Industrie lösen – so entstand unsere Umyno Suite.

foodRegio: Was steckt hinter Umyno?  

Dr. Klein: Die zentrale Frage, die mich zur Gründung bewegt hat, war: Wie kann ich die Time to Market verkürzen? Über die Jahre habe ich immer wieder gesehen, wie langwierig der Weg von der Produktidee bis zur Markteinführung ist. Das hat mich beschäftigt. Ich wollte herausfinden, wie sich dieser Prozess effizienter gestalten lässt. Die Antwort lag für mich in der Kombination aus Automatisierung und künstlicher Intelligenz. Als wir 2019/2020 mit Umyno gestartet sind, war KI in vielen Unternehmen noch kein Thema. Wir haben uns damals gefragt, wie wir KI sinnvoll einsetzen und mit Automatisierung verbinden können, um die Produktentwicklung zu beschleunigen. Daraus entstand die Umyno Suite – eine Plattform für Automatisierung und KI in der Food F&E.

foodRegio: Welche KI-Modelle hat Umyno entwickelt?

Dr. Klein: Unsere KI-Modelle konzentrieren sich auf die Optimierung der Produktentwicklung. Sie helfen u.a. dabei, technische Spezifikationen aus bestehenden Dokumenten zu extrahieren, Rezepturen zu überprüfen, zu vergleichen, neu zu erstellen oder gezielt zu verbessern – etwa im Hinblick auf den Nutri-Score oder die Kosten. Darüber hinaus haben wir einen Wissens-Chat entwickelt, der Produktentwicklern zum Bespiel dabei hilft, alternative Rohstoffe zu finden oder Impulse zu erhalten. Aktuell arbeiten wir auch an weiteren Use Cases, die wir im Laufe diesen und nächsten Jahres vorstellen werden.

foodRegio: Wie funktionieren die KI-Modelle konkret in der Anwendung?

Dr. Klein: Ein typisches Beispiel: Ein Produktentwickler möchte einen neuen Waffelmix mit innovativem Geschmack kreieren. Normalerweise müsste er die Informationen von Rohstoffen aus einer PDF des Lieferanten manuell abschreiben, um mit den Informationen der Spezifikation arbeiten zu können. Unser KI-Modell übernimmt diesen Schritt. Es liest die PDF des Lieferanten aus und generiert automatisch einen vollständigen Rohstoff in der Umyno Suite mit Nährwerten und anderen Rohstoffdaten. Das spart nicht nur Zeit, sondern reduziert auch Fehlerquellen und entlastet den Entwickler erheblich. Gerade bei Unternehmen, die regelmäßig neue Produkte entwickeln, ist das eine enorme Arbeitserleichterung.

foodRegio: Welche Vorteile bieten die Modelle außerdem?

Dr. Klein: Wenn eine bestehende Rezeptur auf gesetzliche Vorgaben wie die Lebensmittelverordnung 1169/2011 überprüft werden soll, kann ein KI-Modell diese Aufgabe automatisch übernehmen. Die manuelle Prüfung entfällt, und potenzielle Fehlproduktionen lassen sich reduzieren oder sogar ganz vermeiden. Auch beim Vergleich ähnlicher Produkte – etwa einer Schokolade mit Erdbeer- und einer mit Heidelbeergeschmack – kann ein ganz bestimmtes KI-Modell Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Bezug auf Produktionsanlagen, Haltbarkeit oder Nährwerte herausarbeiten. Das erleichtert die Entscheidungsfindung und spart ebenfalls Ressourcen.

foodRegio: Wie wird KI die Produktentwicklung in der Ernährungsbranche verändern?

Dr. Klein: Für uns bei Umyno ist die Time to Market das zentrale Feld, auf dem wir mit unseren KI-Modellen echte Veränderungen bewirken können. Konsumenten verlangen heute in immer kürzeren Abständen neue Geschmacksrichtungen, und Unternehmen müssen entsprechend schnell reagieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Unsere Umyno Suite und unsere KI Modelle helfen dabei, Entwicklungszeiten drastisch zu verkürzen. Gleichzeitig können sie auch Themen wie Gesundheit und Nachhaltigkeit beeinflussen. So schlägt das Modell beispielsweise vor, wie eine Rezeptur zuckerärmer gestaltet werden kann.

foodRegio: Was treibt Sie persönlich an?

Dr. Klein: Ich habe über Jahre hinweg erlebt, wie zäh und umständlich Produktentwicklung sein kann – von der ersten Idee bis zur Produktion. Die Entwicklungsabteilungen arbeiten oft noch mit Excel-Tabellen, während andere Bereiche wie Vertrieb, Marketing oder HR längst moderne Tools nutzen. Das hat mich frustriert. Ich wollte ein smartes, zeitgemäßes Tool schaffen, das Produktentwickler effizienter arbeiten lässt und gleichzeitig Datensicherheit gewährleistet. Diese Vision motiviert uns als Team bei Umyno bis heute.

foodRegio: Welche Herausforderungen bringt der Einsatz von KI für Unternehmen mit sich?

Dr. Klein: Ich glaube nicht, dass durch KI in der Produktentwicklung Arbeitsplätze verloren gehen. Die Tätigkeiten werden sich verändern – sie werden einfacher, weniger administrativ. Und das ist positiv: Entwickler können sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren – die Kreation neuer Produkte. Was Unternehmen jedoch unbedingt beachten müssen, ist das Thema Datensicherheit und auch Datenverfügbarkeit. Sie müssen sich klar darüber werden, wo ihre Daten liegen, wer darauf zugreifen darf und wie sie geschützt werden. Hier sind strategische Entscheidungen gefragt.