2ab-Weizen – der verträgliche Urweizen
Schätzungsweise leiden etwa 5 bis 7 Prozent der Bevölkerung unter einer Nicht-Zöliakie-nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität (kurz Weizensensitivität). Über die Vorteile einer FODMAP-reduzierten Diät im Rahmen Weizen-assoziierter Unverträglichkeiten und Erkrankungen haben wir bereits letzte Woche berichtet. Dieses Mal soll der Fokus auf den Vorteilen „alter“ Getreidesorten, sogenanntem Urgetreide, liegen.
Die Anzahl der Genome macht’s aus
Mit Urgetreide verbinden viele Natürlichkeit, Ursprünglichkeit, aber auch gesundheitliche Vorteile wie bessere Verträglichkeit. Der Begriff Urgetreide ist allerdings nicht geschützt, und daher auch nicht eindeutig definiert. Grundsätzlich versteht man darunter jedoch alte Kulturpflanzen, die nur geringer züchterischer Bearbeitungen unterlagen. Das Erbgut der Pflanzen wurde also außer durch natürlich vorgekommene Kreuzungen kaum verändert. Ein Blick auf die Genetik kann helfen, zwischen „alt“ und „neu“ zu unterscheiden, dabei spielt insbesondere die Anzahl der Chromosomensätze im Zellkern eine Rolle. Alte Weizensorten haben meist nur das A-Genom (man spricht von diploiden Sorten mit AA-Genom, wie z. B. Einkorn) oder das A- und B-Genom (tetraploide Sorten mit dem AABB-Genom, wie z. B. Emmer und 2ab-Weizen). Bei modernem Brotweizen hingegen handelt es sich um eine hexaploide Sorte, die zusätzlich auch das DD-Genom beinhaltet.
In allen drei Genomen (A, B und D) finden sich Gluten-kodierende Gene. Die daraus gebildeten Glutene unterscheiden sich allerdings in der Zusammensetzung, v.a. im sogenannten Gliadin. Insbesondere das vom D-Genom produzierte D-Gluten scheint eine erhöhte Anzahl an Zöliakie-Epitopen im Gliadin aufzuweisen – jene Epitope, die T-Zellen des Immunsystems stimulieren, und somit reizend wirken können. Herkömmliches Urgetreide ohne das D-Genom bzw. –Gluten ist damit für Betroffene zwar häufig besser verträglich, es ist allerdings nicht gut backfähig. Daraus entstand die Idee der Suche nach einer alten Getreidesorte, die sowohl besser verträglich als auch gut backfähig ist. Das Ergebnis: der 2ab-Urweizen.
Best of Both: Besser verträglich UND gute Backeigenschaften
2ab-Weizen (Triticum turgidum forma sanum) ist eine ursprüngliche Sorte, die nur das AABB-Genom enthält und zudem einen geringeren FODMAP-Gehalt aufweist. Zwei Bausteine, die zu einer besseren Verträglichkeit beitragen. Um den geringen FODMAP-Gehalt auch bei unterschiedlichen Einflussfaktoren (Teigführung etc.) garantieren zu können, wird das gewonnene Mehl mit Hilfe spezieller Hefekulturen zudem natürlich fermentiert. 2ab-Urweizen hat damit den geringsten FODMAP-Gehalt aller Brotgetreidesorten und gilt laut der Monash-Universität in Australien offiziell als FODMAP-arm. Zudem weist, im Gegensatz zu vielen anderen Urgetreidesorten ohne D-Gluten, 2ab-Weizen gute Backeigenschaften auf. Knusprige Krusten, luftige Krumen, kein D-Gluten und wenig FODMAP sorgen also für Genuss ohne Reue.
Es gibt zunehmend Berichte und Hinweise, dass D-Genom freie Weizenarten von Personen mit Weizen-assoziierten Unverträglichkeiten besser vertragen werden, wenngleich auch noch Bedarf an fundierter Forschung besteht. Vor allem Menschen mit Reizdarmsyndrom und Weizensensitivität könnten von 2ab-Weizenprodukten profitieren – ein Versuch wäre es hierbei also allemal wert.
Da 2ab-Weizen jedoch immer noch gewisse Mengen Gluten und andere Weizenproteine enthält, ist er nicht für Personen mit Zöliakie oder Weizenallergie geeignet – für diese Personengruppen besteht die Therapie weiterhin in einer strikten Weizen- bzw. glutenfreien Ernährung.
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